Hintergrund

Österreich ist eines der wenigen Länder Europas, in denen die postpromotionelle allgemeinmedizinische Weiterbildung ohne Facharzttitel abgeschlossen wird \cite{manfred_maier_facharzt_nodate,andrea_riedl_facharzt_2018}. Eine Facharzttitel definiert sich dabei dadurch, dass...  Die Österreichische Fachgesellschaft für Allgemeinmedizin sieht die Einführung eines Facharzttitel als wesentliche Maßnahme zur Attraktivierung der Allgemeinmedizin als Karriereoption \cite{susanne_rabady_masterplan_2018}. Im Lichte der zunehmenden Schwierigkeit, Hausarztstellen nachzubesetzen, tritt die Forderung nach der Einführung des Facharzttitels daher ebenfalls wieder zunehmend in den Vordergrund. Für 50% der JungmedizinerInnen würde die Einführung eines Facharzttitels die Attraktivität des Faches Allgemeinmedizin erhöhen \cite{stephanie_poggenburg_erhebung_nodate}. Jedoch besteht bisher kein Konsens darüber, was ein Facharzttitel eigentlich bedeutet und welche Konsequenzen dies insbesondere für die Weiterbildung haben sollte. Zudem fehlen Daten, was sich die derzeitige Generation an JungmedizinerInnen von der Einführung einer Facharztausbildung erwartet. Gerade im Hinblick auf die Wirksamkeit bei der Rekrutierung spielt die Akzeptanz der Weiterbildung durch die Betroffenen jedoch eine wichtige Rolle. 
--
Im Sinne einer evidenzbasierten Medizin wäre es essenziell, dass die wissenschaftliche Basis für allgemeinmedizinische Entscheidungen auch im hausärztlichen Bereich gewonnen wird. Studienergebnisse aus anderen medizinischen Fachrichtungen lassen sich oft nur bedingt auf den allgemeinmedizinischen Bereich übertragen, wo eine ganzheitliche und interdisziplinäre Patientenversorgung angestrebt wird. Gerade für die Etablierung und Weiterentwicklung der Forschung scheint der Facharzttitel und die Akademisierung der Allgemeinmedizin einen besonderen Stellenwert einzunehmen \cite{Zarbailov_2017}.
--

Ziel der Studie

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Erwartungen von Jungmedizinerinnen und Jungmedizinern hinsichtlich der möglichen Einführung eines Facharzttitels für Allgemeinmedizin in Österreich zu erheben. Anhand dieser Informationen soll bei der Umsetzung eines neuen Weiterbildungskonzeptes eine bessere Berücksichtigung von Bedürfnissen der Zielgruppe ermöglicht werden.

Methoden

Umfrage

Um die Einstellung und Erwartung von JungmedizinerInnen zur Facharztausbildung Allgemeinmedizin im Vergleich zur derzeitigen Ausbildung zu erheben wurde im September 2019 eine online-basierte Fragebogenerhebung durchgeführt. Zielgruppe waren MedizinstudentInnen mit einem Interesse an der Allgemeinmedizinausbildung, ÄrztInnen die sich derzeit in dieser Ausbildung befinden und AllgemeinmedizinerInnen, die die Ausbildung innerhalb der letzten 5 Jahre abgeschlossen haben. 
In einem zweistufigen Prozess wurde im Studienteam ein Fragebogen erarbeitet. Dieser beinhaltete Items zu Berufsmotivation, zur bisherigen Ausbildung und Erwartungen an eine Facharztausbildung in einigen wesentlichen Kernbereichen wie Ausbildungsqualität und Rahmenbedingungen. Der Fragebogen ist im Anhang 1 verfügbar. Für die statistische Auswertung wurden zudem Ausbildungsfortschritt, Geschlecht, Alter und die Mitgliedschaft in der Interessengemeinschaft abgefragt. Für die Umsetzung und Verbreitung wurde die quelloffene Software LimeSurvey verwendet. 

Rekrutierung

Die Verbreitung geschah über Emailverteiler der Jungen Allgemeinmedizin Österreich, mehrere krankenanstaltenspezifische Verteiler von Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung, sowie an Studierende der Austrian Medical Students' Association. Zudem wurde die Umfrage auf Social Media Kanälen von JungärztInnen- und Studierendenorganisationen verbreitet. Umfragezeitraum war ein zweiwöchiges Fenster im September 2019.

Datenanalyse

Die Ergebnisse wurden mittels RStudio ausgewertet und deskriptiv in Form von Tabellen und Diagrammen dargestellt. In einem analytischen Teil wurde der Einfluss des Ausbildungsfortschritts und des Karriereziel auf die Erwartungen untersucht. Die Rangfolge der wichtigsten Aspekte bei der Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin wurde mittels WILCOXON-Test für eine Stichprobe / (FRIEDMAN)-Rangsummentest und post-hoc Bonferroni Methode ausgewertet. Der Datensatz und der Quellcode der Analyse sind online unter https://osf.io/qjufx/ abrufbar.

Ergebnisse

Von 443 registrierten Mitgliedern des Vereins Junge Allgemeinmedizin Österreich (JAMÖ) konnte 434 erfolgreich eine Email mit dem Link zur Umfrage zugestellt werden. Insgesamt füllten 134 JAMÖ-Mitglieder die Umfrage vollständig aus, was einem Rücklauf aus dieser Zielgruppe von 30,8% entspricht. Zudem wurde die Umfrage durch direkte Weiterleitung an Peers und über zielgruppenrelevante Social Media-Kanäle verbreitet. Die damit erreichte Personenzahl und die Rücklaufquote sind nicht seriös abschätzbar. Insgesamt wurden 392 Umfragen ausgefüllt, davon wurden 99 (25,3 %) nur unvollständig ausgefüllt und für die endgültige Analyse nicht berücksichtigt.