EinleitungSeit Mitte 2015 gilt mit der Novelle des Ärztegesetzes auch eine neue Ärzteausbildungsordnung: die Ärzteausbildungsordnung 2015. Der im Vorfeld bereits beschriebene neue Aufbau der postgraduellen Ausbildung stellt vieles auf den Kopf und lässt trotzdem alles beim Alten. Im folgenden möchten wir uns ansehen, was sich tatsächlich verändert hat und was sich vielleicht hätte verändern sollen. Wir werden einige Punkte, wie die Basisausbildung, intensiver diskutieren und einer kritischen Betrachtung unterziehen. Viele Argumente können wir dabei leider nicht mit harten Quellen belegen und ergeben sich entweder aus persönlichen Erfahrungen von zahlreichen Kolleg_innen oder auch aus hinlänglich bekannten Gegebenheiten des österreichischen Systems. Schlussendlich möchten wir aber auch eine positive Vision anbieten, wie die Allgemeinmedizinausbildung der Zukunft aussehen könnte.Damals und Heute - der Versuch eines VergleichesIm Rückblick auf die "alte" Ausbildungsordnung sehen wir einige Kernschwächen:keine verpflichtende Lehrpraxiszeitfragwürdige Möglichkeit der Konsiliarfächerwenig Zielorientiert - nicht auf den Versorgungsbedarf in der Primärversorgung abgestimmtkein Facharzt für AllgemeinmedizinLehrpraxisIn der Ärzteausbildungsordnung 2006 (ÄAO 2006) gab es bereits eine verpflichtenden Rotation von sechs Monaten in der Allgemeinmedizin. Es ist jedoch hinlänglich bekannt, dass diese nicht in der Primärversorgung abgeleistet werden musste, sondern in unterschiedlichsten Spitalsambulanzen, "die der medizinischen Erstversorgung dienen", stattfinden konnte. Die Finanzierung von Stellen in einer Lehrpraxis musste durch die Praxisinhaber_innen geschehen und wurde nur zum Teil durch eine Bundesförderung abgedeckt. Dies führte zu teilweise sehr niedrigen Löhnen für Ärzt_innen in Ausbildung, welche erst spät durch einen Lehrpraxis-Kollektivvertrag unterbunden wurden.Mit der Ärzteausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015) haben wir nun eine verpflichtende sechsmonatige Lehrpraxis im extramuralen Bereich, jedoch noch keine bundesweit gesicherte Finanzierung. Mit Sommer 2018 werden die ersten Ärzt_innen in Weiterbildung eine Stelle in einer Lehrpraxis benötigen. Ob sie während dieser Zeit mit Gehaltseinbußen rechnen müssen oder ob es überhaupt ausreichend finanzierte Plätze gibt, kann man aus heutiger Sicht noch nicht genau sagen.KonsiliarfächerIn der ÄAO 2006 gab es die Möglichkeit, die sogenannten "kleinen" Fächer im Rahmen von Konsiliartätigkeit zu absolvieren. Dies galt für die Fächer Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Dermatologie, Neurologie, Psychiatrie und Kinder- und Jugendheilkunde. Eine Ausbildung in einer entsprechenden Lehrpraxis anstatt über die Konsiliardienste wurde mit einer Verlängerung der Ausbildungszeit um die Hälfte belegt.Die Möglichkeit der Konsiliarfächeranrechnung ist auch in der neuen Ausbildungsordnung weiterhin präsent. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Möglichkeit, die ja hauptsächlich in kleinen Spitälern schlagend werden dürfte, kann hier durchaus hinterfragt werden. Die Fragestellungen, die sich im Rahmen einer Konsiliarärztlichen Tätigkeit stellen, unterscheiden sich doch deutlich von denen in einer Fachabteilung oder in einer niedergelassenen Praxis. Eine vermehrte Verlagerung der Vermittlung gewisser Inhalte von Sonderfächern zumindest teilweise in Sonderfach-Lehrpraxen wäre wohl sinnvoller gewesen, scheiterte aber sicher auch am hohen Ärztebedarf von Krankenhäusern und der Finanzierung.AusbildungskulturEinige Schwächen der Ausbildung sind nicht in den Gesetzes- und Verordnungstexten enthalten, sondern ergeben sich aus manchen strukturellen Rahmenbedingungen oder einer gewissen Ausbildungskultur heraus. Dazu gehören etwa:Blankounterschriften in Rasterzeugnissen, ohne die tatsächliche Überprüfung der KompetenzenFehlende Konsequenzen bei offensichtlichem Nicht-erfüllen gewisser ZieleFehlende Lehrkompetenzen bei Ausbildungsverantwortlichen (z.B. bei Feedback-Kultur, Supervision, Didaktik)Fehlende Zeit- und Personalressourcen für die AusbildungLange "Stehzeiten" und große Unsicherheiten in der AusbildungsplanungSprache und Kultur gehören eng zusammen. Da in Deutschland die Approbation, also die gesetzliche Zulassung zur Selbstverantwortlichen und Selbstständigen ärztlichen Tätigkeit, bereits nach dem Studium verliehen wird, wird für die Facharztausbildung der Begriff Weiterbildung verwendet.\cite{deutscher_bundestag_bundesarzteordnung_nodate} Da in Österreich die Approbation erst mit Abschluss der Turnusausbildung für Allgemeinmedizin oder ein Sonderfach verliehen wird, sprechen wir eben von Ausbildung. Dieser sprachliche und rechtliche Unterschied vermittelt bereits ein anderes Maß an Kompetenz und Selbstverantwortlichkeit.Ob sich die Ausbildungskultur mit einer neuen Ausbildungsordnung ändert bleibt noch abzuwarten. Ein Kulturwandel braucht Zeit und nicht selten auch einen Generationenwechsel. In den lezten Jahren hat sich aber zumindest gezeigt, dass ein wesentlicher Treiber von Verbesserungen in der Ausbildung der Mangel an Turnusärzt_innen war. Jene Spitäler, die am meisten mit Kündigungen oder Nachbesetzungsproblemen zu kämpfen hatten, haben hier rasch Initiativen gestartet, um attraktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen.Kritik an der neuen AusbildungsordnungBasisausbildungDie Rationale hinter der Basisausbildung schien von Beginn an etwas nebulös. Den Ärzt_innen in Ausbildung aller Fachrichtungen (also unabhängig ob Allgemeinmedizin oder Sonderfächer) sollten eine gemeinsame “klinische Basiskompetenz in chirurgischen und konservativen Fachgebieten” vermittelt und die, gemäß dem aktuellen Stand der Wissenschaft, häufigsten Krankheiten und deren Symptomkomplexe nähergebracht werden. Kritiker sahen darin eher den Versuch, auch weiterhin eine ausreichende Anzahl von flexibel einsetzbaren ärztlichen Arbeitskräften in den Spitälern garantieren zu können.Dafür spricht, dass in der Verordnung offen gelassen wird welche "häufigsten Krankheiten" überhaupt gemeint sind. Würde sich dieser Punkt auf die Prävalenz in der allgemeinen Bevölkerung beziehen, wäre zu Hinterfragen, ob die Basisausbildung tatsächlich auf Fachabteilungen mit bereits hochselektioniertem Krankengut, wie etwa auf einer Onkologie, stattfinden soll. Aber weder im Ärztegesetz noch in der Ausbildungsordnung finden sich verbindlichen Vorgaben zu den Rotationen.Anscheinend "obliegt es dem ärztlichen Direktor zu entscheiden, wann und wo die Ärzte in Basisausbildung zugewiesen werden".\cite{osterreichische_arztekammer_arzteausbildung_nodate} Zentral ist in der Verordnung, dass alle Inhalte und Kompetenzen erworben werden, die im Rasterzeugnis vorgesehen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) empfehlen zusätzlich in der Basisausbildung auch eine Rotation an eine Abteilung für Neurologie, da dieses Fach während den folgenden Spitalsrotationen nicht verpflichtend vorgesehen ist. In der ÄAO 2015 steht weiter, dass Kompetenzen insbesondere im Bereich von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, des Stütz- und Bewegungsapparates, der Stoffwechsels, der Psyche und bei cerebrovaskulären Erkrankungen erworben werden soll. Da die Umsetzung hier den einzelnen ärztlichen Direktionen obliegt, ist die Qualität der Basisausbildung somit in vielen Krankenhäusern höchst unterschiedlich. Manche Krankenanstalten sind bemüht, entsprechende Rotationen durch die geforderten Fächer und Abteilungen zu geben, wobei hier die grundsätzliche Problematik von sehr kurzen Rotationszeiten besteht. In anderen Krankenhäusern wird versucht, gewisse Kenntnisse durch die Möglichkeit zur Begleitung von Konsiliardiensten für Neurologie, Psychiatrie oder Orthopädie diese Inhalte abzudecken. Die große Freiheit in der Gestaltung führt jedoch mancherorts zu der Tendenz, zukünftige Fachärzte bereits während ihrer Basisausbildung vorrangig an der jeweiligen Fachabteilung einzusetzen, womit das System der Basisausbildung ad absurdum geführt wird.Die für die Basisausbildung zulässigen Ausbildungsstätten sind zudem gesetzlich auf öffentlichen Krankenanstalten und Sonderkrankenanstalten begrenzt. Allgemeine öffentliche Krankenanstalten müssen dabei keine speziellen Qualitätskriterien für die Ausbildungsberechtigung erfüllen, da diese Kriterien erst für Ausbildungsstätten nach der Basisausbildung gelten.\cite{osterreichisches_parlament_arztegesetz_1998} Zudem kann die Basisausbildung auch nicht einmal teilweise in der Primärversorgung absolviert werden, womit den Weiterzubildenden eine wichtige Lernerfahrung verwehrt wird. Die in den Rasterzeugnissen abgebildeten Kompetenzen wären (abgesehen von einigen notfallmedizinischen oder operativen Fertigkeiten) sehr gut in der Fallfülle der Primärversorgung erlernbar.\cite{noauthor_kef_nodate}Die Idee einer Basisausbildung für alle, unabhängig von der weiteren Fachausbildung, ist auf den ersten Blick verständlich. In der Basisausbildung muss man erstmals klinische Fähigkeiten als verantwortliche Ärztin oder verwantwortlicher Arzt umsetzen und erste diagnostische und therapeutische Schritte selbstständig planen und umsetzen. Es macht Sinn, dass alle Ärzt_innen diese Kompetenzen für die häufigsten Fragestellungen erwerben sollten. Jedoch scheint es so, als hatte die gesetzliche Umsetzung zu wenig dieses Ziel und stattdessen zu sehr die Bedürfnisse der Krankenanstalten im Mittelpunkt.Allgemeinmediziner_innen im KrankenhausWarum sollen Krankenhäuser Allgemeinmediziner ausbilden? Diese Frage scheinen sich manche Krankenanstalten vor allem in Zeiten des größeren Ärztebedarfs zu stellen. In der vorübergehenden Situation des durch die verspätete Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie und die Abwanderungswelle verursachten relativen Mangels an Spitalsärzten, scheint es für manche Spitalsträger attraktiver zu sein, Turnusärzte primär für ein Sonderfach zu rekrutieren. Damit können Dienstposten besser und langfristiger geplant werden und die zukünftige Besetzung der Abteilung ist gesichert. Zwar ist dieses Ziel absolut nachvollziehbar, jedoch lässt es vollkommen außer acht, wie wichtig eine funktionierende Primärversorgung auch für das Funktionieren des Krankenhauses ist. Sollte sich in Zukunft die Zahl der Ärzte in der Allgemeinmedizin weiter reduzieren, wird dies unweigerlich zu einer höheren Inanspruchnahme von sekundären und tertiären Einrichtungen führen. Diese wären mit einem noch größeren Zustrom unselektierter Patienten überfordert, da die Strukturen im Krankenhaus (von der Anmeldung über Triage bis hin zu Diagnose und Therapie) dafür nicht ausgelegt und nicht geeignet sind.Weithin wird auch der Nutzen verkannt, den Allgemeinmediziner_innen in Spitäler mitbringen können. Jede Spezialabteilung kann von Generalisten nur profitieren, da die meisten Patient_innen mehrere Komorbiditäten haben und damit auch eine Vielzahl an Medikamenten. Allgemeinmediziner_innen können hier im Rahmen ihrer bereits während der Ausbildung aquirierten Kompetenzen mithelfen, diese Patient_innen umfassend zu betreuen und machen damit vielleicht auch das ein oder andere Konsil obsolet.Allgemeinmediziner auszubilden, selbst wenn die Ausbildungsstellen für die Sonderfächer nicht vollständig besetzen können, braucht daher einerseits die Weitsicht der Führungsebene in den Krankenanstalten als wohl auch politischen Druck von Seiten der Länder, die ja meist Träger und Finanziers der Krankenanstalten sind.SpitalsrotationenEin wesentlicher Punkt in der Diskussion um die neue Allgemeinmedizin-Aubsildung sind natürlich die Rotationen. Die Beurteilung, welche Rotationen auf welchen Spezialabteilungen im Krankenhaus für eine allgemeinmedizinische Ausbildung Sinn machen, ist nicht einfach. Wie oben erwähnt empfiehlt etwa die Ärztekammer die Absolvierung eines Teils der Basisausbildung auf einer Neurologie, da dieses Fach in der allgemeinmedizinischen Ausbildung in weiterer Folge nicht vorgesehen ist.\cite{osterreichische_arztekammer_arzteausbildung_nodate} Dies trifft ebenfalls auf einige weitere Fächer zu, die Kolleg_innen müssen hier aus diesen Fächern zwei Wahlfächer in einer Dauer von drei Monaten auswählen: Anästhesiologie und Intensivmedizin, Augenheilkunde und Optometrie, HNO, Dermatologie, Neurologie und Urologie. Dem entgegen ist ein wissenschaftliches Modul, das in manchen Sonderfächern Pflichtmodul ist, als Wahlfach in der allgemeinmedizinischen Ausbildung nicht vorgesehen.Aufgrund der bregrenzten Ausbildungsdauer ist es einleuchtend, dass nicht alle Fächer als verpflichtend in die Ausbildung aufgenommen werden können, argumentativ wurde hier vor allem immer wieder betont, dass viele der entsprechenden Inhalte auch in der allgemeinmedizinischen Lehrpaxis am Ende der Ausbildung in ausreichender Form vermittelt werden könnten. Dem gegenüber steht in vielen Diskussionen jedoch die Fragestellung wie relevant die operative Orthopädie und Traumatologie in dem geforderten Ausmaß als innerklinisches Fachgebiet ist, während im niedergelassenen Bereich ja vorrangig konservative Fragestellungen auftreten. Im Vergleich dazu erscheint vielen eine fundierte neurologische Ausbildung vor zu ziehen, da etwa die ausführliche neurologische Untersuchung innerklinisch einen großen Erfahrungsgewinn bringen würde. Demhingegen wären die primärversorgungsrelevanten Fragestellungen in der Dermatologie oder bei Hals-Nasen-Ohren Krankheiten im niedergelassenen (Facharzt-) Bereich besser zu erlernen. Sicherlich ein Faktor für den relativ großen Anteil an Wahlfächern in einer insgesamt kurzen Ausbildungsdauer ist, dass die Allgemeinmedizin nach wie vor nicht als eigenes Fach auf selber Höhe wie die Sonderfächer anerkannt ist. Eine Verlängerung der Ausbildung, primär unter dem Aspekt einer Verlängerung der Lehrpraxis, wäre hier eine Möglichkeit sicher zu stellen, dass die häufigsten primärversorgungsrelevanten Erkrankungen in der Allgemeinmedizin unterrichtet werden können.LehrpraxisNach internationalen Standards und in vielen internationalen Ausbildungsplänen ist die Lehrpraxis unbestrittenermaßen das Kernelement der allgemeinmedizinischen Ausbildung.\cite{wonca_wonca_2013} Die Lehrpraxis wurde mit der ÄAO 2015 endlich auch in Österreich verpflichtend in die Ausbildung Allgemeinmedizin eingebracht. Viele Diskussionen laufen hier über die Länge und Positionierung der Lehrpraxis innerhalb der Ausbildungsordnung, da diese erst am Ende der Ausbildung vorgesehen ist. Mit 2022 steht eine Verlängerung auf neun Monate und im weiteren Verlauf auf bis zu 12 Monate Lehrpraxisdauer im Raum. Immer wieder wurden auch Vorschläge eingebracht, die Lehrpraxiszeit nach Verlängerung über sechs Monate hinaus auch splitten zu können, um einerseits Wartezeiten bis zur nächsten Rotation überbrücken zu können, andererseits auch die klinischen Kompetenzen nach Ende der Basisausbildung bereits deutlich erweitern zu können und auch das zukünftige Berufsfeld bereits zu Beginn der Ausbildung kennen lernen zu können.Letzten Endes lässt sich so auch in den Rotationen durch die Sonderfachabteilungen mehr Wissensgewinn erlangen, da viele Grundkenntnisse bereits vorhanden sind und zudem klarer ist, welche Fertigkeiten für die spätere Tätigkeit vorrangig notwendig sind. Zudem ist sicher das 1:1 Lehrverhältnis in der Lehrpraxis gerade am Anfang der Ausbildung besonders wertvoll und im Spitalsbereich nur selten anzutreffen.Dennoch sind trotz der immensen Bedeutung der Lehrpraxis die Rahmenbedingungen für diese gleichzeitig ein Hemmnis zur Ergreifung der Ausbildung für Allgemeinmedizin. Durch die noch nicht gelöste Finanzierung der Lehrpraxis und die damit verbundenen Unsicherheit, ob es genug Lehrpraxisleiter für alle Auszubildenden geben wird, erhält die gesamte Allgemeinmedizinausbildung einen Malus der Unplanbarkeit. Eine entsprechende Regelung zur Finanzierung in allen Bundesländern sowie Offenlegung der Lehrpraxisleiterzahlen bzw. auch österreichweite zentrale Lehrpraxisbörse könnte hier durchaus Unsicherheiten beseitigen und eine entsprechende Entscheidung für die Berufswahl Allgemeinmedizin erleichtern.Visionen für die AllgemeinmedizinEine Weiterbildungsreform passiert nicht alle paar Jahre. Deswegen sollte sie gut überlegt und vorbereitet sein und moderne wissenschaftliche Erkenntnisse über den Aufbau, die Methoden und die Inhalte berücksichtigen. Und sie sollte wohl auch ein paar Visionen beinhalten. Im folgenden stellen wir ein paar dieser Visionen zur Verfügung und verzichten dabei bewusst auf die Verwendung des Konjunktivs. Die folgenden Schilderungen mögen also nicht fälschlicherweise als Realität verkannt werden.Vision: Facharzt für AllgemeinmedizinDie Facharztweiterbildung für Allgemeinmedizin ist in der Dauer ähnlich wie ein Facharzt für Innere Medizin, wobei der Zeit in der Primärversorgung der größte Anteil beigemessen wird. Bereits am Anfang der Weiterbildung werden zumindest sechs Monate in einer Lehrpraxis absolviert, um das zukünftige Berufsbild und die unterschiedlichen Herausforderungen und Herangehensweisen in der Primärversorgung bereits früh kennen zu lernen. Während der Spitalsausbildung sind die Assistent_innen für Allgemeinmedizin aufgrund ihrer fachlichen Vielseitigkeit und ihrer praktischen Fertigkeiten hoch geschätzte Teammitglieder. Im Sinne einer guten gemeinsamen intersektoralen Patientenbetreuung werden jene Skills, die besonders für die Tätigkeit in der Primärversorgung nützlich sein können, direkt von erfahrenen Ausbildungsoberärzt_innen vermittelt.Durch regelmäßige Lehrpraxistage während der Spitalszeit bleiben die Ärzt_innen in Weiterbildung weiter in Kontakt mit ihrer Lehrpraxis und können so auch während der Spitalszeit ihre Primärversorgungskompetenzen erhalten und weiter ausbauen. Die gesamte Weiterbildung wird von unabhängige Kompetenzzentren angeboten, so dass die Rotationen, Seminare, Mentoring und Lehrpraxisstellen gut koordiniert und aufeinander abgestimmt sind.Aufgrund der angeglichenen Weiterbildungsdauer und der ressourcenintensiveren Ausbildung, hat die Allgemeinmedizinweiterbildung ihre Stellung als Sprungbrett oder Überbrückung bis zur Sonderfach-Stelle verloren. Es hat sich eine lebendige Community von motivierten und engagierten Allgemeinmediziner_innen gebildet, die sich mit den grundlegenden Werten der Allgemeinmedizin identifizieren können und sich ihrer Rolle als Primärversorger bewusst sind.Vision: Begleitende Seminare und KurseIn begleitenden Seminaren setzen sich die Weiterbildungsärzt_innen mit den berufstheoretischen Besonderheiten der Allgemeinmedizin und der Tätigkeit in der Primärversorgung auseinander. In speziellen Kursen werden zudem Grundkenntnisse in Bereichen vermittelt, die sie für ihre spätere Tätigkeit als Hausärzt_innen benötigen. Dazu gehören Kentnisse in präklinischer Notfallmedizin, psychosomatischer Medizin, Manualmedizin, Geriatrie oder Palliativmedizin.Durch die in die Weiterbildungen integrierten und am Versorgungsbedarf orientierten Lerninhalte sinkt die Notwendigkeit dafür kostenpflichtige Zusatzausbildungen in der Freizeit zu absolvieren.Vision: MentoringBereits bei der Entscheidung für eine Allgemeinmedizin-Weiterbildung werden den Allgemeinmediziner_innen persönliche Mentor_innen zur Seite gestellt. Diese Allgemeinmediziner_innen helfen den Ärzt_innen in Weiterbildung, ihre Erlebnisse und Erfahrungen zu reflektieren, sowohl im Umgang mit Patient_innen, als auch mit Teammitgliedern. Sie identifizieren gemeinsam mit den Weiterzubildenden deren persönliche Stärken und Schwächen und ermöglichen so eine hohe individuelle Qualität der Weiterbildung. Sie fördern durch ihre professionelle Begleitung die Persönlichkeitsentwicklung der Weiterzubildenden und unterstützen diese auch bei Karrierefragen zu Themen wie Niederlassung oder wissenschaftlicher Tätigkeit.Vision: Wissenschaft und ForschungWie auch in anderen Facharztweiterbildungen, gibt es für Ärzt_innen in Weiterbildung für Allgemeinmedizin die Möglichkeit ein Wissenschaftsmoduls zu absolvieren. Darin werden Forschungsprojekte zu und in der Primärversorung durchgeführt. Da Weiterbildungen auch eine Anbindung an die Allgemeinmedizin-Institute der Universitäten haben, stehen den Weiterzubildenden eine Vielzahl an Ansprechpartnern für die Planung und Durchführung solcher Projekte zur Verfügung. Aus diesen Forschungsprojekten werden regelmäßig besonders innovative Projekte hervorgehoben und breit umgesetzt, womit auch ein regelmäßiger Beitrag zur Steigerung und Weiterentwicklung der Qualität geleistet wird.Durch ihr hohes Maß an wissenschaftlicher Kompetenz scheuen die Fachärzt_innen für Allgemeinmedizinder nicht davor zurück, in Diskussionen rund um neue medizinische Trends und Entwicklungen einzutreten und auch die Seite der Patient_innen aus Sicht der Primärversorgung zu vertreten. Durch ihre Mitarbeit an Leitlinien tragen sie dazu bei, deren Umsetzbarkeit für die Praxis zu verbessern und Patient_innen vor Fehlversorgung zu schützen.Vision: FellowshipsÄhnlich wie im englischsprachigen Raum hat sich eine Kultur der Fellowships etabliert. Fertige Fachärzt_innen für Allgemeinmedizin, aber auch anderer Fachgebiete, erwerben in ein- bis zweijährigen Programmen neue Fähigkeiten und Kentnisse zu Themen wie Notfallmedizin, Psychiatrie, Pädiatrie, Geriatrie oder auch Public Health, Lehre oder Forschung. Diese vorwiegend öffentlich finanzierten Zusatzprogramme tragen auch dazu bei, besonderen gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen zu begegnen.Vision: Karriere AllgemeinmedizinDurch die attraktiven Weiterbildungsprogramme ist das Fach Allgemeinmedizin eine der beliebtesten Karriereoptionen unter Medizinabsolvent_innen. Die Zahl jener, die Allgemeinmediziner_innen werden wollen ist mehr als ausreichend, um den Bedarf in der Versorgung zu decken.